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Fasse dich kurz und die Leser bleiben länger

Roland Gugganig
Roland Gugganig
Gottfried Benn zufolge ist der Radiergummi wichtiger als der Bleistift. Alle Schreib-Meister pflichten ihm bei.

Kürze ist laut Anton Tschechow die Schwester des Talents. William Shakespeare nannte sie die Seele des Verstandes. Der alte Römer Seneca mahnte: Kürze die lange Rede, damit sie nicht verdächtig wirke. Ernest Hemingway, ganz der Praktiker, schlug deshalb vor: Autoren sollten stehend an einem Pult schreiben. Dann würden ihnen ganz von selbst kurze Sätze einfallen. Und Goethe reimte, wie gewohnt kurz und kraftvoll: Getretener Quark wird breit, nicht stark.

Die meisten Texte gewinnen, wenn man sie kürzt. Gutes Deutsch spreizt sich nicht wie der Pfau vor der Henne. Wenn du die Wahl hast und dich entweder länger oder kürzer ausdrücken kannst, solltest du dich immer für die schlankere Version entscheiden. Schreibe weder langatmig noch umständlich, sondern leichtfüßig und ungekünstelt.

Warum ist kurz besser als weitschweifig? Weil das Schwafelprinzip kein Geheimnis ist. Schon Seneca kannte es ja: Je weniger Substanz jemand zu bieten hat, desto geschwollener spricht (und schreibt) er. Allein an der Wortwahl unterscheiden wir mühelos Astrologen von Astronomen, Apologeten von Apothekern und Schlitzohren von anständigen Menschen. An der Klarheit scharfer Klinge scheidet sich die Spreu vom Weizen.

Trainiere dein Gespür für pfeilgerade, leuchtende Wörter und ihre aufgedunsenen, blassen Schwestern: Schreib nicht Ingangsetzung, sondern Start. Nicht Aufgabenstellung, sondern Aufgabe. Nicht Motivationsstrukturen, sondern Grund. Nicht Rücksichtnahme, sondern Rücksicht. Nicht Zielsetzung, sondern Ziel.

Welch riesigen Unterschied das macht, zeige ich meinen Klienten gerne auf der Website linguee.de. Dort suchen wir spaßhalber nach Beispielsätzen für beide Begriffe und stellen fest: Jene Schreiber, die sich mit Aufgabenstellung in Positur werfen, verdienen mit ihrem Stil auch sonst keinen Blumentopf. Autoren, die schlicht Aufgabe sagen, drücken sich insgesamt klarer aus.

Vergleiche selbst (nur die linken Spalten interessieren uns):

Aufgabenstellung
Fast alle, die das gespreizte Wort benützen, schreiben umständlich, hölzern und amtlich. Und leiden an schwerer Substantivitis.
Ansehen →

Aufgabe
Fast alle, die das kürzere Wort wählen, schreiben verständlich und unprätentiös. Und ihre Sätze sind halb so lang.
Ansehen →

Ein abschreckendes Beispiel für sprödes Schwätzerdeutsch ist der Jargon der Gesundbeter und Handaufleger. Einfache Willenskraft genügt nicht: Selbstregulationsmöglichkeiten müssen es sein. Ein wenig auf der Matte entspannen? Nein, erst das ganzheitliche Relaxationserlebnis rechtfertigt den Preis.

Am besten ist es, wenn du gar keinen Jargon verwendest.
Korrigiere: Am besten verwendest du gar keinen Jargon.
Korrigiere: Du sollst keinen Jargon verwenden.
Korrigiere: Verwende keinen Jargon.
Korrigiere: Vermeide Jargon.
Korrigiere: Meide Jargon.
77% eingespart!

Als Schreibprofi muss dir klar sein: Die besten Wörter sind klar und konkret. Sprachliche Verrenkungen und Protz-Vokabeln sind böse. Gutes Deutsch steuert unbeirrt und geradlinig das Ziel an. Denke beim Kürzen daran: Was im Text keine Miete zahlt, fliegt raus!

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Verstehe mich richtig: Das Kürzen von Redundanz führt nicht unbedingt zu einem kürzeren Ergebnis, sondern zu einem besseren. Denn die Kürzungen schaffen Platz für Substanz. Wenn dir zum Beispiel für deinen Verkaufstext 250 Zeichen zur Verfügung stehen, wird der Text nach der Überarbeitung dieselbe Länge haben. Aber er wird die 250 Zeichen sinnvoller nützen.

Willst du leichtfüßiges, verständliches Schreiben trainieren? Dann empfehle ich dir ein privates Schreibcoaching. Falls dein Text eine Generalüberholung braucht und besser flutschen soll, beauftrage einfach ein Lektorat. Das geht am schnellsten.

Roland Gugganig

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